Wann war ich eigentlich das letzte Mal in Great Britian? Am 09.02.2019, Wrexham A.F.C. – Dagenham & Redbridge F.C., steht in meiner Liste. Der stille Teilhaber und ich machten an diesen Wochenende den Länderpunkt Wales fest. Wir beide hatten mal den Faible öfter mal nach UK zu machen. Schottland hatte es uns angetan. Da dort die Preise einfach moderater sind und ein Hauch an Stimmung herrscht. Der stille Teilhaber kam damals in der ganzen Euphorie über Schottland mit der Idee um die Ecke, eine einwöchige Schottland-Tour, welche sich nur aus Zweitligaspielen zusammensetzte, zu machen. Meine ironische Antworten damals, ich könnte mir nichts spannenderes vorstellen als 5 Tage Urlaub für 2. Liga Scotland zu nehmen. Die Idee verschwand darauf in unserer liebgewonnenen Anekdoten-Schublade.
Für die Osterferien ging es mit der Mademoiselle und den Jungs über den
Ärmelkanal in die Hauptstadt des Vereinigten Königreiches. Der Große wollte gern mal nach
London. Die Stadt ist selbstredend interessant und so waren wir alle vier damit einverstanden und organisierten die Reise. Natürlich sollte da auch ein Premier League Match mitgenommen werden. So sondierten wir die Spielpläne und schauten was zeitlich machbar wäre. Unsere Wahl fiel auf Chelsea in der traditionsreichen Stamford Bridge. Dies wäre nicht mein erstes Spiel beim Chelsea Football Club. Champions-League habe ich hier schon einmal gesehen. In der Saison 2010/11 besuchte ich das Heimspiel gegen MŠK Žilina. Die Kartenbeschaffung war damals auch kein Drama, trotz der 40.266 Zuschauer und der Ticketpreis war auch im vertretbaren Rahmen. Aber für unseren Aufenthalt musste nun die Ticketfrage final geklärt werden. Über Chelsea’s Homepage konnte ich eine Buchung vergessen. Arsenal wäre noch eine Option, obwohl ich da gleich dachte, ohje die Preise werden dort jenseits von gut und böse sein. Auch bei den Gunners ging, logischerweise nichts offizielles. So kontaktierte ich Rainerkaesek aus der Kopane-Redaktion. Er weilt ja öfters auf der Insel und hat dadurch Erfahrungen mit der Ticket-Beschaffung. Die offiziellen Vorverkäufe konnten wir also vergessen. Auch Kontakt zu diversen Fans waren bei beiden, Chelsea und Arsenal, nicht vorhanden. So schlug er mir so eine englische Ticket-Mafia-Seite vor, worüber ich evtl. Karten bekommen könnte. Mir war natürlich sofort klar, dass meine preisliche Schmerzgrenze deutlichst überschritten werden würde. Doch der Große wollte unbedingt zu einen Spiel. Ich traue mich gar nicht zu schreiben, was die Ticket-Seite für Arsenal aufrief. Kranke 800€ für zwei Tickets und das auf unterschiedlichen Tribünen. Der Große sagte darauf selbst, dass geht nicht. Bei Chelsea waren es dann 280€ und wir würden „nur“ zwei Reihen weit auseinander sitzen. Oh man, ich haderte mit mir selbst. Oma und Opa gaben auch etwas dazu und ich betätigte mit schlechten Gewissen den Buchungsbutton. Was macht man nicht alles, wenn sich die Jungs was wünschen. Nun musste die Tickets noch kommen und keine Fakes sein.
In London angekommen wurde die
Tower Bridge besichtigt. Dies kann ich euch empfehlen, es ist nicht sehr teuer. Man erfährt einiges zu ihrer Geschichte und hat noch einen guten Ausblick über die Themse und die Stadt bzw. nach unten, wenn man sich auf die begehbaren Glasscheiben traut, welche den Blick auf die unterliegende Straße freigeben.
Am
Monument to the Great Fire of London ging es in ein Pub. Die ersten Hamburger und Fish and Chips wurden gegessen. Ich konnte mich durch diverse Ales probieren und kann den Untappd-Hooligans unter euch das
Timothy Taylor Landlord empfehlen. Am Sonntag war Spieltag und die Spannung stieg, ob alles klappt. Die Tickets kamen per Mail tatsächlich pünktlich. Unsere Plätze lagen etwas versetzt, zwei Reihen auseinander. Wir hofften, dass die verkaufenden Chelsea-Fans dies auch nur einmal Taten und das grüne Licht an den Drehkreuzen der Stamford Bridge aufleuchten würde.
Die Mademoiselle ging mit dem Jüngsten ins
Natural History Museum und der Plan war, dass wir uns alle am späten Nachmittag wieder in der City treffen. An der
Fulham Broadway-Station raus aus der
London Underground, übrigens die älteste U-Bahn der Welt und die 300m rüber zur Stamford Bridge gelaufen. Seit 1905 trägt der Chelsea Football Club seine Heimspiele dort aus. Ich finde so etwas geil. Ich wollte noch in ein Pub in Stadionnähe, da ich die Hoffnung hatte, dass dort noch etwas Fussball-Flair herrschen würde. Die englischen Fans, sind ja nicht für atemberaubende Stimmung bekannt, aber dafür das sie sehr stark am Glas sind. Ich sollte recht behalten und in dem Pub, wurde pausenlos irgendein Gesang angestimmt. Ich sagte zum Großen, dass dies hier wohl der Moment ist, wo heute die meiste Stimmung sein wird. Ganz so trist wurde es während des Spiels dann aber doch nicht. An der Bar bestellte ich für uns ein
Chelsea Pilsner und ein Wasser. Mein Wunsch kam dem Barkeeper anscheinend suspekt vor. Er fragte tatsächlich zweimal nach und erst als er sah, dass das Wasser für den Großen ist, nickte er und erledigte seinen Service-Auftrag. Der Große musste selber darüber lachen. Also auf zum Spiel. An den Drehkreuzen angekommen, leuchtete der Ticket-Scanner zweimal grün auf und wir liefen grinsend die Stufen zu unseren Plätzen auf dem East Stand. Hat tatsächlich alles wie am Schnürchen geklappt, Bierchen vorm Spiel, kein Problem mit dem Eintrittskarten und wir konnten sogar zusammen sitzen. Da wir einfach einen Chelsea-Fan fragten, ob es ok für ihn wäre die Plätze zu tauschen. War kein Problem und er ging die zwei Reihen hinter uns, auf einen unserer Plätze. Guter Mann! Der away sector befand sich links von uns auf dem Shed End. Er fasst knapp 3000 Plätze und war fast voll. Ipswich Town bekannt als The Blues spielte heute in pinken Away-Jerseys soweit so schlecht. Doch was denkt sich da der gemeine Auswärtsfan, na zieh ich auch dieses Trikot an und trage meine Vereinsfarben mit Stolz. Ich weiß echt nicht, was Fan sich dabei denkt so eine Schmutzfarbe für sein Trikot zu tragen. Jedenfalls konnten The Blues überraschend 2:0 in Führung gehen. Und was können englische Fans noch, außer gut am Glas zu sein? Richtig bei Toren utopisch abgehen und alles was in Reichweite ist zu belöffeln, als ob es kein Morgen gebe. Sah geil aus. Chelsea wollte eigentlich die Champions-League erreichen und so waren die Fans doch gut angefressen, dass ihre Blues zurück lagen. Das Spiel war nicht so rassig und schnell wie von uns erwartet, dafür aber spannend. Denn der Favorit konnte doch noch in der 79. Minute ausgleichen. Der Große hoffte noch auf den Siegtreffer, doch es blieb beim Remis. Die Stimmung war wie angedeutet nicht ganz unterirdisch und beide wurden ab und zu mal lauter. Was mir auffiel waren ansonsten die vielen Zaunfahnen oder besser gesagt Zaunplanen, welche auf der gegenüberliegenden Stadiontribüne hingen. Vielleicht gab es auch welche auf unserer Seite, doch dies konnte ich nicht überblicken. Na jedenfalls kamen sie aus aller Herren Länder bzw. die dazugehörigen Fanclubs. Ich denke die Planen hängen 365 Tage im Jahr und die Besitzer kommen nicht zu jedem Heimspiel in den Südwesten Londons. Exemplarisch waren dies Chelsea Supporters‘ Club Malta, New York Blues, Melbourne Chelsea, Chelsea Supporters Club Chile oder Desert Texas Blues.
An -The Bank of London- trafen wir den Jüngsten und die Mademoiselle wieder, tauschten unsere Erlebnisse aus und ließen die Kreditkarte in einen gehoberen Restaurant glühen. Dort ist mir mal wieder ein astreines Malheur passiert. Wenn schon ein gehobenes Restaurant, dann mach ich mich wenigstens zum Obst. Nachdem wir das Abendbrot gegessen hatten, brachte die Kellnerin die Dessertkarte und ein Tablett mit vier kleinen weißen runden Teilen. Wir spekulierten, dass es eine Art Nachtisch auf Kosten des Hauses wäre. Die Jungs meinten auch es sähe irgendwie aus wie Marshmallows, trauten sich aber letztendlich nicht zu probieren. Also griff ich mir so ein Teil, ist ja kostenlos und meinte tollkühn, ich koste als Erster. Peinlicherweise bemerkte ich sofort, dass ich auf ein zusammengerolltes Erfrischungstuch biss. Nun war das Gelächter natürlich groß. Die Jungs und die Mademoiselle feierten meine Kühnheit selbstverständlich ordentlichst ab. Leben am Limit.
Am Montag war große Sehenswürdigkeiten-Runde angesagt. Da die Jungs zum ersten Mal in der Weltstadt London waren, sollten dafür alle großen Spots abgelaufen werden.
Buckingham Palace mit Wachablösung der Kings Guard, die Eichhörnchen im
St. James’s Park füttern, weiter zum
Westminster Palace und
Westminster Abbey,
London Eye, Chinatown und
Trafalgar Square. Da qualmten mal die Socken. So wurde sich abends im Apartment mit Nudeln, Würstchen und Tomatensoße ausgeruht. Ich flog am nächsten Tag alleine zurück nach Deutschland, die Mademoiselle und die Jungs hatten noch Osterferien und flogen am Mittwoch zur Familie nach Frankreich.
(Der Kulturbeauftragte)

Eine neue Ausgabe des "Abhaun!" ist erschienen. Nach 11 Jahren geht die Abhaun-Reihe mit der 6. Ausgabe weiter. Ein Klick auf das Bild bringt euch zu den weiteren Informationen.
Tower Bridge


Tower of London

Buckingham-Palast

Wachablösung der Kings Guard

Palace of Westminster

Elizabeth Tower


London Eye

Chinatown

Royal Exchange
Trafalgar Square