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19.03.2023, 16:00 Uhr
Waterhouse FC – Mount Pleasant Football Academy
Kingston, Drewsland Stadium
National Premier League – ca. 400 Zs. (davon 30 Gäste) – 2:0
geschätzte Lesezeit ca. 7 Minuten


18.03.23,
Immer noch Tag 3
Unser Start mit Jamaika war nicht wirklich herzlich. Dafür sorgte Mr. Pattinson, seines Zeichens Grenzbeamter am Norman Manley International Airport. Unfreundlich wie die Nacht und Autoritär ohne Ende. Ihm schmeckte unsere Hotelangabe im Einreiseprotokoll nicht. So ließ er BanjaLucas und mich ganz schön zappeln. Dabei hatten wir doch das gute Marriott Hotel auf dem Zettel. Als diese Hürde überstanden war, guckte uns die Dame beim Mietwagenverleih genervt und unfreundlich an. Da hat man ja ein schlechtes Gewissen, wenn man sich erdreistet bei ihr ein Auto zu mieten. Unser Apartment in der Nähe vom Bob Marley Museum bezogen, ging es noch zügig in ein jamaikanisches, mexikanisches Restaurant. Gute Nacht. Buenas noches.
19.03.23,
Tag 4
Jetzt begann also wirklich das Abenteuer Jamaika. Wir wussten Kingston hat nicht so viele touristische Hotspots, so legten wir uns eine kleine Route fest und starteten mit dem Mietauto.
Fort Royal war unser erster Spot. Mir sagte vor der Reise dieser Ort nichts. BanjaLucas meinte dort wurden auch Szenen vom Fluch der Karibik gedreht. Was aber bedeutender ist, ist der Fakt, dass der Ort ein Eldorado für Piraten, Glücksritter und Prostituierte war. Gegründet 1518 durch spanische Kolonialisten, welche von dort ihre reich beladenen Schiffe ins Heimatland zurückschickten. Englische Freibeuter lauerten auf den Routen und der Mythos der Piraten, „brethren of the coast – Brüder der Küste“ wurden sie damals genannt, nahm hier sein Lauf. Ein Erdbeben 1692 zerstörte die Stadt stark und ein darauffolgender Tsunami riss große Teile des Ortes ins Meer bzw. sie versanken im Treibsand. Es sollen dabei 3000 Menschen ihr Leben verloren haben. Die Stadt konnte und wurde nie wieder richtig aufgebaut. Ein Feuer 1710 und weitere Naturkatastrophen verhinderten dies. So, dass die Menschen einen neuen Hafen bauten und um diesen herum entstand dann das heutige Kingston.
Als wir vor der kleinen Festung standen und den Eintrittspreis sahen, waren wir doch etwas überrascht 15$? Mmh bissl happig. Das Preisniveau ist im allgemeinen auf Jamaika nicht günstig. Dies liegt auch daran, dass viele Amerikaner hier Urlaub machen und die, warum auch immer, diese Mondpreise bezahlen. Evtl. hätte ich Fort Charles, so der Name, besichtigt, auch für den Preis, aber da das Ticket eine Führung mit Guide beinhaltete, war es quatsch. Soviel Zeit haben wir bei unseren kurzen Aufenthalten halt nicht. Lieber schau ich mir alleine alles an und kann selbst entscheiden wie viel Zeit ich dafür brauche. Nun gut dann zurück zum Auto, selbiges stand aber günstiger weise vor einer Terrassenbar. Ein paar Einheimische chillten dort auch rum. Es roch sehr süßlich, Sonntags um 11:00Uhr. Yeah man.
Die Bar war aber zu. Ein Mann half uns und führte uns in einen kleinen, versteckten Hinterhof Shop, auch hier alle am kiffen. Ich glaub die erste Regung des Tages war, als die uns 5 Weißbrote angelaufen sahen und den Kopf hoben. Wir, für uns, hätten diesen Shop nie im Leben da hinten gefunden. Paar kühle Getränke bestellt und noch ein paar Früchte dazu, gesellte wir uns auf die geschlossene Terrassenbar zu den Einheimischen.
Zum Mittagessen googelten wir uns ein Fischrestaurant. Direkt am Meer und warteten eine halbe Ewigkeit auf unsere Bestellungen. Wir hätten uns hier schon denken können, auf Jamaika wird alles locker und gaaaaanz ruhig gemacht. Die Menschen waren im allgemeinen nicht sehr freundlich thanks oder your welcome wird nur rudimentär benutzt.
Ansonsten ist beim Autofahren die Hupe das wichtigste Bauteil. Wenn ihr mal auf Jamaika seid und einen Mietwagen benutzt, checkt ob die Hupe geht. Ohne Hupe bist du hier so was von aufgeschmissen. Ich phantasierte irgendwann, dass die Jamaikaner über die Hupe kommunizieren würden. Es wird sich angekündigt, gewarnt, den anderen Verkehrsteilnehmern mitgeteilt sie können fahren oder einfach auch bedankt. Alles mit Hupe. Als BanjaLucas, unser Fahrer, das Spiel raus hatte, nahm er seine Hände gar nicht mehr vom Signalgeber herunter.
Der Kontrast zwischen den Blech- oder Bretterbuden und den farbenfrohen und bunten Häusern war omnipräsent. Sei es in der Hauptstadt Kingston oder bei unseren Überlandfahrten. Da steht ein komplett grün, gelb, rot oder blau bemaltes knallbuntes Haus neben einer zusammen geschusterten Behausung.
Aber es gibt auch die Viertel welche komplett verarmt sind und welche die man nachts meiden soll. Wir entschlossen uns auch diese Seite Jamaikas anzuschauen. Da dies auch ein Teil Jamaikas ist. Mit dem Wissen, dass dies nicht ohne ist und wir damit rechnen müssen das es stressig werden kann. Natürlich kam wieder das Gefühl des Armutstourismus auf, die Diskussion darüber hatten wir auch schon bei unserer Favela-Tour in Rio de Janeiro 2022.
Unser Eindruck, sieht hier natürlich nicht sehr einladend aus. Viel Gewusel am Straßenrand. Stände, fliegende Händler, sehr laute Musik und wie immer der Geruch von Marihuana. Die Seitenstraßen von Müllbergen umsäumt und weniger Menschen. Da fuhren wir dann aus verständlichen Gründen nicht lang. Auf der Hauptstraße war leben und da der Verkehr langsam lief und wir so in Bewegung bleiben konnten, war alles ok. Klar jeder hat geschaut. Ich glaube die Menschen haben uns schon von weiten wahrgenommen. Fast alle Autos fahren hier auch mit komplett getönten Fensterscheiben rum. Nur wir natürlich nicht.
Selbst in den besseren Vierteln in Kingston oder auch den Touri Regionen, wie Negril, waren wir der Blickfang. Den Kulturpunkt Emancipation Park besichtigten wir noch. War ein gutes Fotomotiv mit der nackten Frau und dem nackten Mann. Bisschen neidisch wurde da von einigen grinsend gelunzt.
Der Park hat aber einen wichtigen Hintergrund. Er ist ein Symbol der Freiheit, eine Hommage an das Ende der Sklaverei in den britischen, französischen Karibik Kolonien. Eröffnet 2002, zeigt die große Statur am Eingang, die Redemption Song-Stature, symbolisch das nackte Paar, welches aufrecht stehend in den Himmel schaut, um, wie schon geschrieben, das Ende des Horrors der Sklaverei darzustellen. Der Name ist, um den Kreis zu schließen ein Song von Bob Marley. Die Springbrunnen und Wasserläufe waren leider nicht in Betrieb. Die Einwohner Kingstons nutzen den Park, der sehr gepflegt war, als grüne Oase zum relaxen oder um dort Sport zu treiben.
So meine wehrten 2 Stammleser, mal Fußball zur Abwechslung.
Waterhouse FC - Mount Pleasant FA im Drewsland Stadium. Stilecht ging es mit dem Auto aufs Stadiongelände. Taten aber alle. Der Kassierer mit schusssicherer Weste. Aha, das lässt ja einiges andeuten. Die einfache und einzige Tribüne auf einer Geraden füllte sich ordentlich. Auch die Fans auf ihr waren gut abgefüllt. Junge Junge was für ein Besäufnis. Und ich rede jetzt nicht von Bier. Hier wurde sich ordentlich einer reingestellt. Rum, Wodka, Campari. Flaschenweise. Die Jamaikaner bringen sich vieles selbst mit. Ein Gewusel, alles am sabbeln, saufen und kiffen. Heim-und Gästefans gemischt. Alles friedlich. Wir waren schwer begeistert. Ich hatte viele Fotomotive. Teilweise auch skurrile. Ein Fan sprach mich an.
„Yeah man, take one photo of me“
„Yes of course“
Nachdem ich seiner Bitte nachkam,
„Yeah man, now give me money for the photo“
Nu selten so gelacht mein Guter.
„No“
Darauf kam eigentlich erst der Witz.
„Than give me my photo back“
Okay der war nicht schlecht. Lachend ließen wir den Spaßvogel stehen. Dies passierte uns öfters. Für Kleinigkeiten wollten einige Jamaikaner Geld haben. Was für uns aber nie der Rede wert war. Sie wurden dann auch nicht böse. Aber sie versuchten es wirklich ständig. So kam bei uns der Running Gag auf, für jede Geste untereinander zu sagen, now give one dollar!
Das Spiel war auch spannend. Von der Qualität um Welten besser wie in der Dominikanischen Republik.
Wir trauten uns dann auch mal an den lokalen Rum mit Cola ran. Es gab übrigens die vorher aufgezählten Alkoholika auch im Stadion zu kaufen. Marihuana natürlich auch. Was eine Drogenparty hier. Hinter der großen Haupttribüne war wieder ein Armenviertel. Getrennt zum Stadion durch einen großen trockenen Kanal. Überall Müllberge, komplett kaputte Autos. Es sah übel aus. Und Kinder welche Fußball spielten. Erst oben vor dem Viertel. Bis ihnen ihr Ball in den Kanal fiel. Der war ganz schön hoch und die Kiddies überlegten wie sie den Ball wieder bekommen können. Es blieb ihnen nichts anderes übrig als über die Müllberge zu klettern. Ich machte davon auch einige Fotos. Dabei bemerkte ich aber nicht, wie einige andere Zuschauer im Stadion dies auch beobachteten und mich anschauten. Verständlicherweise. Ich war eigentlich beeindruckt, wie wichtig den Kindern der Ball war. Sie wollten ihn nicht aufgeben. Das ich dann ein paar Bilder davon machte, wirkte natürlich nicht so gut. Der Sportliche meinte auch, pass auf mit Fotos die Leute schauen schon. Die Bilder werde ich nicht mit online stellen. Nur wie ein Junge Stolz den Ball wieder geholt hat. Zum Ende des Spieles, waren dann etwas weiter hinten mehr Kinder und zwar zwei Teams, welche in den Kanal ein kleines Bäbbelchen machten.
Es waren wirklich viele Eindrücke.
Drei Eidgenossen waren auch bei diesen Spiel. Etwas Verwunderung hatten wir aber bei einen von ihnen, welcher mit einem Nikki seiner Ultra-Gruppe rum lief. Naja.
Gestern schwadronierte ich noch das wir kein Halbzeithopping machen würden. Scheiße. Schande über uns, Schande über mich. Keine Prinzipien der Kerl. Wir taten es wieder. Ich tat es wieder. Wir konnten noch eine Halbzeit bei Dunbeholden FC-Portmore United FC schauen.
Nun gut, also hin da.
(Der Kulturbeauftragte)


Eine neue Ausgabe des "Abhaun!" ist erschienen. Nach 11 Jahren geht die Abhaun-Reihe mit der 6. Ausgabe weiter. Ein Klick auf das Bild bringt euch zu den weiteren Informationen.





Port Royal

Emancipation Park



Weitere Begegnungen zwischen diesen zwei Mannschaften:
kopane.de
Author: kopane.de

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3 thoughts on “19.03.2023 Waterhouse FC – Mount Pleasant Football Academy”

  1. Guter Text wie immer, allerdings ist das Wort “Eidgenosse” sehr grenzwertig, weil so bezeichnen sich die Schweizer Nationalisten. Also die wahren Bio-Schweizer in ihrem Sinne. Stellt euch vor anstatt deutsche würde man schreiben, die Arier waren da.

  2. Grüß Dich Meiner. OK, das werde ich mal überprüfen und natürlich gegebenfalls nicht mehr so verwenden.

Ahoj, du hast das Wort.

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