Nun ist sie gekommen. Die für mich letzte 9-Euro-Ticket-Fahrt zum Fußball. Und ich kann es nicht verstehen, wieso so ein Angebot nicht weiter fortgesetzt wird. Nicht aus dem Gedanken heraus, dass ich so kostengünstig zum Fußball fahren kann. Eher aus dem Gedanken heraus, dass mit dem 9-Euro-Ticket fast allen Menschen eine Teilhabe im Bereich Mobilität ermöglicht.
„AbEr DiE gRaTiSmEnTaLiTäT!!!1!!!11!!“
Ja, dass Haupt“argument“ von Christian Lindner. Wenn ich mir anschaue, wie die Autowirtschaft seit Jahren durch staatliche Hilfen wie Abwrackprämie und anderen Kaufprämien gepampert wird, da muss es doch mal möglich sein, entweder auch Fahrradkäufe finanziell zu unterstützen, oder allen Menschen in Deutschland ein gutes Angebot in Sachen Mobilität anzubieten.
Aber nein, erst wird der ÖPNV zurückgebaut, dann das 9-Euro-Ticket eingeführt und plötzlich heißt es: „Wir haben viel zu wenig Ressourcen um ein solches Angebot zu wuppen. Na Hallo die Waldfee, jetzt bin ich aber überrascht. Hätte ich mir gar nicht ausmalen können.
Ja, ohne den Angriffskrieg Russlands und seine Folgen hätte es das 9-Euro-Ticket nicht gegeben. Oder nicht so schnell. Doch niemand ist daran gehindert, die letzten 3 Monate als Testballon zu sehen. Einerseits, wie die Menschen im Lande das Ticket annehmen und angenommen haben und auf der anderen Seite um zu sehen, wo es im System ÖPNV hängt. Doch ich schrieb es bereits im Text zum Schwerin-Spiel, dass sich nach der anfänglichen Aufregung alles einrenken wird. Und das ist meiner Meinung auch passiert. Ich hatte seit dem Pfingstwochenende keinen Zug mehr gesehen, der mehr als voll war. Selbst im Ruhrpott, wo tendenziell mehr Menschen mit Zügen und S-Bahn fahren als in Dresden, fand ich es recht angenehm.
Und was braucht es für solch ein Angebot im ÖPNV auch in Zukunft? Geld! Und an dieser Stelle kommt für mich der Solidaritätszuschlag ins Spiel. Dieser hätte meiner Meinung nach nicht abgeschafft werden dürfen. Außer auf Kapitalerträge gibt es den ja nicht mehr. Circa 8 Milliarden Euro konnten mit dem Soli eingesammelt werden. Geld, was meiner Meinung nach gut in solidarische Dinge gesteckt werden kann. Zum Beispiel günstiges Nutzen des ÖPNV. Oder es wird eine Mobilitätsversicherung eingeführt. Über die Steuer wird 1% vom Bruttogehalt abgeführt. So bezahlt jeder was er kann (muss) und kann dafür den ganzen Tag mit Bus und Bahn fahren. Und wer gerade kein Einkommen hat, kann dennoch mit Bus und Bahn fahren. Schwarzfahren und seine unsäglichen Folgen, wie Menschen dafür ins Gefängnis zu stecken, gibt es dann nicht mehr. Und das spart auch wieder Geld, wenn „Schwarzfahrer“ nicht mehr ins Gefängnis müssen. Kann dann quasi dieses Geld aus dem einen Topf in den anderen Topf umgeschichtet werden. Und wenn dann noch an manch sinnfreien Subventionen gespart wird, ist noch mehr Geld da. Dienstwagenprivileg *hust *hust
„Aber was ist mit denen, die auf dem Land wohnen? Wo kein Bus fährt?“
Ja, dass Angebot im ländlichen Raum sollte darüber auch ausgebaut werden. Und wer vom Land in die Stadt zum Shoppen fahren will, braucht mit dem Auto nur bis zum Stadtrand und setzt sich dort in Bus und Bahn und spart sich Geld für Parkgebühren und Zeit für die Parkplatzsuche. Vorhandene Park&Ride-Plätze natürlich vorausgesetzt,
Doch was braucht es am meisten dafür? Einzig den Willen dieses auch um zu setzen. Ich sehe schon, wie Christian Lindner das Gehirn explodiert, wenn er das hier liest. Weil Gratismentalität und überhaupt: „DiE aNtIfA nUtZt DaS tIcKeT!!!1!!!11!!!“
Ich gebe zu, dass das obige meinerseits noch nicht bis zum Ende durchgespielt wurde. Nur ist das aber nicht meine Aufgabe. Denn ich sitze nicht in entsprechender Position. Ich bin ja (noch) kein Politiker. Und deswegen komme ich nun zu dem, wegen dem ihr alle hier seid: Fußball.
Ich stöberte in der Woche vor dem Kick so durch die Ansetzungen und unter anderem dieser Kick kam auf die Liste. Mit dem Kostverächter ausgetauscht, was er denn vorhatte, waren wir uns zunächst uneinig. Denn Möhlau hatte keinen Zughalt. Aber einen Rufbus, der uns von Gräfenhainichen nach Möhlau bringen konnte. Und so fanden wir doch zusammen und bestiegen den Zug gen Leipzig und im Anschluss den nach Gräfenhainichen. Unterwegs probierte ich bereits die Zentrale vom Rufbus zu erreichen. Denn wir mussten uns eine Stunde vor Abfahrt dessen anmelden. Und so wählte ich die angegebene Telefonnummer. Die Warteschleifenmusik ging an und die Durchsage verkündete, dass ich auf Position 5 wäre. Gut, dachte ich mir, dass so eine Busplatzreservierung ja nicht so lang dauern kann. Doch 10 Minuten später, ich stand gerade auf Position 2, wurde ich aus der Leitung geworfen. Also wieder angerufen und nach 10 Minuten auf Platz 2 wieder aus der Leitung geschmissen worden, Diesmal nutzte ich aber noch schnell die Rückrufoption und wartete nun auf den Rückruf. Und wartete, und wartete, und wartete. Das bewegte den Kostverächter mit der Zeit bei der Hotline anzurufen. Tja….er kam auch durch. Nach circa 6 Minuten. Musste ein paar Angaben machen und bekam zu hören, dass er ja hätte mindestens eine Stunde vor Abfahrt anrufen und anmelden müssen. Was ich ja probierte. Long story short: alle Rufbusse waren ausgebucht und wir hätten von Gräfenhainichen nach Möhlau laufen müssen. Doch die S-Bahn hatte Verspätung bei der Ankunft, sodass die Zeit zu knapp war. Also was tun? Zuerst einmal die Mallorcaurlaubjungspundegruppe umgehen, da sie mit ihren Koffern nicht aus dem Knick kamen und dann auch noch mitten auf dem Gehweg standen. Alter, dass scheint echt so ein Kartoffelding zu sein. Sinnlos irgendwo im Weg stehen. Auf Rolltreppen, auf Gehwegen, auf Radwegen und bei der Aus- und Einstiegssituation am Zug. Und ganz wichtig: richtig blöde dazu zu glotzen. Wie manchen Menschen ihre Dummheit öffentlich zur Schau stellen...Wahnsinn!
Weiter im Text, denn wir standen immer noch in Gräfenhainichen. Der Kostverächter rief ein Taxiunternehmen an, welches aber auch nur sagen konnte, dass in Gräfenhainichen gerade eine Veranstaltung ist und alle Taxis ausgebucht sind. In diesem Moment hielt ein Taxi eines anderen Unternehmens am Bahnhof und ich sprach den Fahrer an. Dieser sagte, dass er erst eine Person nach Ferropolis bringen müsste und dann zurück käme und uns nach Möhlau bringen würde. Sein zweiter Vorschlag kurz darauf war, dass er uns auch direkt mitnehmen kann und wir die Fahrt ab Ferropolis zahlen. Und so saßen wir im Auto. Und eventuell, nur ein klein wenig eventuell, war der Weg von Ferropolis nach Möhlau länger als vom Bahnhof. Und eventuell, nur ein klein wenig, hatte er durch diesen Move ein wenig mehr verdient. Natürlich prüfte ich das Zuhause umgehend und kam zu der Erkenntnis: von Ferropolis waren es ca. 600 Meter weniger Strecke als vom Bahnhof. Okay, kann ich mit leben.
In Ferropolis war gerade das Whole Festival der Berliner Underground Queer Szene. Und das war ihm, nach dem der erste Fahrgast ausgestiegen war, etwas suspekt. Denn wir sollten uns anschauen, wie die rumlaufen und so. Homosexuelle Menschen waren ihm scheinbar ein wenig fremd. Hätten wir da mit ins gleiche Horn geblasen, so der Kostverächter, hätte der sicherlich richtig von Leder gezogen. Doch da merkte er schnell, dass er da bei uns falsch ist. Regt der sich auf, dass ein homosexueller Mann ein Netzhemd trägt. Den will ich mal sehen, wenn er herausfindet, dass auch Heten Netzhemden tragen. Meistens zu irgendwelchen Fetischspielchen. Gut auch der Mmoment, in der er irgendwas gegen die Camper beim Festival sagte und zack: zog einer die Hose runter und stand nackt auf dem Zeltplatz neben der Straße. Dem Taxista seine Klischeés werden wohl alle erfüllt worden sein. Naja, wenigstens brachte er uns sicher nach Möhlau. wo auf uns beide (und viele weitere) das oben angeführte Spiel wartete, welches zugleich ein Derby ist. Oder auch DAS Derby hier in dieser Gegend. Beziehungsweise in der Stadt Gräfenhainichen.
Der SV GOLPA tauchte erst im Sommer neu auf der Fußballlandkarte auf. Denn dieser ist eine Fusion aus dem SV Glück Auf Möhlau und dem SV Turbine Zschornewitz. Doch wieso heißt der neue Verein dann SV GOLPA? Dieses Golpa war einst ein kleiner Ort nördlich von Gräfenhainichen, der einst für den Tagebau weggebaggert wurde. Dort wo heute der Gremminer See ist, war einst Golpa. Der SV GOLPA will nun mit dieser Namensgebung an diesen Ort erinnern. Alle Fragen beseitigt? Gut, dann geht es weiter.
Das Stadion Glück Auf in Möhlau kann sich schon sehen lassen. Sprecherturm vorhanden, Stufen auf beiden Seiten – es strahlt schon einen gewissen Charme aus. Und diesem schlossen sich die beiden Stadionsprecher nahtlos an. Das war echt eine sehr gute Einstimmung auf das Spiel, was beide hier im lockeren Dialog anboten. Selten so eine stimmige Moderation beim Fußball gehört. Gern weiter so.
Wir ihr am Ergebnis oben bereits gesehen habt, waren die Gräfenhainicher doch noch ein wenig zu stark für die Heimelf. Oder kamen einfach besser mit dem regnerischen Wetter zurecht. Wobei hier „regnerisch“ leicht untertrieben ist. Was hier an Regen vom Himmel fiel, gibt es sonst nur in der Regenzeit in Südostasien. Da suchten sich alle irgendwo Schutz vor dem Wasser, um nicht komplett durchgeweicht zu sein. Doch diesen Schutz gab es nicht wirklich. Und so entschied sich eine junge Dame, dass sie ja schon nass war und so auch einfach auf der Bank sitzen bleiben könnte. Eine Steigerung von komplett durch gibt es ja nicht. Höchstens im Wasser aufgelöst. Dennoch war die Nässe, die sich mit der Zeit in den Sachen festsetzte, nervig. Denn sie hielt sich bis wir wieder im Zug saßen.
Doch diesen zu erreichen war echt wieder ein Hindernislauf sondergleichen. Denn wieder musste der Rufbus angerufen werden, wieder hieß es, dass alle Plätze nach Gräfenhainichen belegt seien und sowieso und dies und das. So rief ich nach dem ersten Anruf noch einmal an und bestellte einfach mal Plätze nach Raguhn. Und siehe da: wir hatten die Plätze. Zwar erst einige Zeit nach dem Abpfiff erst, aber wir hatten sie. Und die Zugverbindung war ähnlich.
Doch dem Kostverächter schmeckte das nicht so sehr und so entschied er sich, einfach ein paar Menschen mit Auto am Stadionausgang anzusprechen, ob sie zwei Plätze nach Gräfenhainichen haben. Einige Absagen hagelte es und dann gaben zwei jungsche Kerle eine positive Antwort. Natürlich wurden wir auf der Fahrt zum Bahnhof gefragt, woher wir kämen, wieso wir dieses Spiel schauten und so weiter. Ihr kennt es. Dass der Kostverächter aber gerade den einzigen RB-Fan im Stadion anquatscht. Naja...wir kamen am Bahnhof und bedankten uns für die Mitnahme.
Nun hieß es nur noch warten, was ich persönlich nun so gar nicht mag, und dann ging es auf eine ereignislose Rückfahrt gen Dresden. Und die hätte ich am liebsten komplett durchgeschlafen. Denn so sehr langweilte mich der Gedanke an Gräfenhainichen. Boar, ist diese Stadt tod.
Zum Abschied sage ich: Rest in Power 9-Euro-Ticket. Bist ein guter Freund gewesen. Danke für die Zeit mit dir. (goju – oder Wutgoju wie andere sagen)