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29.10.2022, 17:30 Uhr
NK Osijek – GNK Dinamo Zagreb
Osijek, Stadion Gradski vrt
1. HNL – 7.609 Zs. – 1:0
geschätzte Lesezeit ca. 6 Minuten


Auf zu den Nebelfestspielen in Osijek. Auf meiner imaginären to do Liste stand das Stadion Gradski vrt schon eine Weile ganz oben. Da erstens diese wuchtige Haupttribüne begutachtet werden sollte, zweites ich die Kohorta Osijek noch nicht live gesehen habe und drittens, der ausschlaggebende Punkt, die Tage des Gradski vrt gezählt sind und der Neubau so gut wie fertig ist. Der Umzug in das Pampas Stadion, sympathischer Name, soll im Januar nächsten Jahres erfolgen. Heißt heute ist theoretisch das letzte Spiel im Stadtgarten, was Gradski vrt auf Deutsch heißt. Auf dem Balkan sind Termine zwar auch nur Schall und Rauch, aber man weiß ja nie. Da ich den Bökelberg in Mönchengladbach und das Stade du Ray vom OGC Nice in jungen Jahren nicht besucht hatte, wollte ich unbedingt vermeiden, dass das Stadion Gradski vrt in der nie Besucht-Kategorie auftaucht. Der Spieltermin war zwar nicht optimal für mich, dafür passten aber die Zugpreise und ein langes Wochenende machte die Planung auch einfacher. So gings von München mit dem Nachtzug nach Zagreb. Schlafen ging zu meiner Verwunderung auch einigermaßen. Da beneide ich M. immer, er setzt sich irgendwo rein und ratzt sofort weg. Ich will das auch.

Pünktlich in Zagreb angekommen, erdreistete ich mich doch in der Mietwagenstation das Auto 45 Minuten vor Reservierung ab zu holen. No, no das geht natürlich nicht. Ist ja nicht so, dass der Dacia vor der Tür stand und auf mich wartete. Sinnlos. Also ab in eine Pekara und gefrühstückt. Als ich dann on time die Modalitäten mit dem Mokel in der Mietwagenstation ausmachte, fiel dem feinen Herrn auf, dass ich morgen, am Sonntag um 20Uhr das Auto gar nicht zurück bringen kann, so wie gebucht von mir. Sein Vorschlag, ich kann den rumänischen Flitzer doch am Montagmorgen abgeben. Ist klar du Held, 45 Minuten früher geht nicht, aber einen halben Tag später passts dann wieder. Der war nicht die hellste Kerze auf der Torte. Eine Schlüsselbox gab es natürlich auch nicht und ich erklärte ihm, Montagmorgen wäre suboptimal für die Rückgabe. Ich durfte dann am nächsten Tag um 14:00Uhr an tanzen, so lange hatte er nämlich auf. Also hieß es das Kulturprogramm etwas zu straffen und den zeitlichen Ablauf der Mietwagenfirma anzupassen. Ist ja kein Ding. Ich wusste in diesen Moment noch nicht das Osijek mich mit feinsten Nebel erwartete und auch verabschieden sollte. Da war ich doch leicht enttäuscht. Gut das Wetter kann man nicht ändern und wie immer hab ich das beste daraus gemacht. Mit feinsten Balkan Pop auf StudioM rollte ich Richtung Slawonien. Die Kornkammer Kroatiens und touristisch nicht sehr bekannt. In der viertgrößten Stadt des Landes angekommen, ahnte ich schon, dass der Nebel welcher mich auf der Strecke begleitete doch etwas dicker sein wird. Schöne Suppe. Im Hotel eingecheckt, machte ich mich kurz frisch und ging die Drava entlang. Richtung der Tvrđa, der Festung oder auch Altstadt. Es war wenig los. Ich denke im Sommer an den Stränden steppt hier gut der Bär. Auch in der Altstadt dann wenig bis gar keine Menschen. Auf dem Zettel hatte ich noch den crveni fićo stehen. Ein Mahnmal und ein symbolisches Bild für den Widerstand der Einwohner gegen die angreifenden Serben im Kroatienkrieg. Als kurz vor Beginn des Krieges serbische Militärs die kroatische Bevölkerung einschüchtern wollten und mit allerhand Kriegsgerät durch Osijek fuhren, stellte ein Mann seinen kleinen roten Fiat auf die Straße und stieg, Gott sei Dank, sofort aus. Sekunden später donnerte ein serbischer Panzer in das kleine Auto und machten es komplett platt. Eigentlich konnte man diese Bilder schon als Warnung sehen, was über Ex-Jugoslawien herein brechen sollte.

Da der kroatische Fußballverband und irgendwelche Sicherheitsbeauftragten entschieden das NK Osijek gegen Dinamo Zagreb ein Hochsicherheitsspiel wäre, gab es nur personalisierte Tickets vor Ort und keinen Onlineverkauf. Meine zuckersüßen E-Mails an die Tickethotline sollten nicht zu meiner Zufriedenheit beantwortet werden. Die haben sich aber auch angestellt. Also blieb mir nichts anderes übrig und ich akkreditierte. Letztendlich bei diesen Nebel die beste Option für die Fotos.

Ich hatte die selbe Spielpaarung, nur mit Heimrecht für Dinamo, im Juni 2020 besucht.

https://www.kopane.de/27-06-2020-gnk-dinamo-zagreb-nk-osijek/

Damals wurden die Corona Beschränkungen erstmals gelockert. Die Kohorta erreichte aber nicht das Stadion, da sie in eine Auseinandersetzung mit den BBB auf der Anreise geriet. Heute also beide Parteien im Stadion. Und was soll ich zum Gradski vrt sagen? Hier wird echt nichts mehr investiert. Wahrscheinlich stellen die Netze unter der Haupttribüne, welche als Schutz für herunter fallende Steine aus der bröckelnden Bausubstanz dienen, die einzige Instandhaltungsmaßnahme dar. Die Teile hingen auch ganz schön durch und sind definitiv nicht umsonst dort oben. Diese massive riesige Haupttribüne konnte ich nur vor dem Spiel und in der ersten Halbzeit bewundern, in der Zweiten zog der Nebel ins Stadion, dass man vom Tor aus nicht mal mehr die Mittellinie sah. Für Fotos richtig miese Bedingungen. So konnte ich nicht mal Ansatzweise erkennen was das Choreomotiv der Kohorta darstellte. Auch später bei ihren Bildern, nichts zu erkennen. Da hätten sie die Blockfahne mit Rauch und Bengalen lieber in der ersten Hälfte zeigen sollen.

Die Kohorta Osijek 1988 ist nach den zwei Platzhirschen der Torcida aus Split und den Bad Blue Boys aus Zagreb mit der Armada Rijeka eine der großen Fanszenen Kroatiens. Die Demoni Pula wären natürlich auch noch zu nennen. Im schönen Istrien gelegen. Ihr regionaler Rivale sind die Ultras Vinkovci. Ihr Verein HNK Cibalia Vinkovci ist 2017/18 abgestiegen. In dieser Saison, stand jetzt, belegen sie den zweiten Tabellenplatz und sollte der Aufstieg gelingen, lockt das slawonische Derby. Freundschaften unterhält die Kohorta keine.

Zur Stimmung, der schwarze Haufen um die Gruppe konnte nur selten die Gegengerade zum Singen animieren. Nachdem späten Siegtreffer wurde es dann aber brachial.

Die BBB aus Zagreb wirkten, in der Kurve hinter mir stehend, ganz schön düster und dunkel. Der Nebel und die kurzen knackigen Lieder ergänzten dies sehr gut. Nach ihrer kleinen Pyroeinlage hatten sie Spaß daran, dass die Feuerwehr und die Securitys (schön gepanzert, aber mit weißen Turnschuhen, sah ulkig aus) in den Block mussten um die kokelten Sitzschalen zu löschen. Neben den kleinen Sektionsfahnen hatten sie ihre PURGERI Zaunfahne dabei, welche schon auf so einigen Fotos der BBB gesehen wurde. Man kann das Wort banal als Bürger übersetzen. Dahinter steckt, dass die Zagreber sich so nennen, bestenfalls Zagreber seit mehreren Generationen. Der Rest des Landes, vor allem Dalmatien, benutzt das Wort dann eher als abwertende Bezeichnung für die Hauptstädter.

Ich kam während des Spieles mit einen Fotografen aus Osijek ins Gespräch. Er erklärte mir, dass der Eintrittskartenverkauf am Stadion und personalisiert so nur gegen Hajduk und halt Dinamo gehandhabt wird. Findet er auch blöd und sieht keinen Sinn dahinter. Wichtiger war aber seine Antwort, ob dies das letzte Spiel im Stadion Gradski vrt sei. Er meinte, also es ist seine Meinung, nichts offizielles, dass das erste Spiel im neuen Jahr gegen HNK Rijeka noch im alten Stadion stattfinden wird. Da die Infrastruktur um das Stadion Pampas noch nicht fertig sei. Evtl spielt auch die 2. Mannschaft von Osijek weiter im Gradski vrt. So richtig was gefunden hab ich da im Netz aber nicht.

Abpfiff und gleich raus um noch was zu essen. Die Müdigkeit kroch langsam in mir hoch. So eine Nachtzugfahrt ist dann doch nicht erholsam für mich. Nach einer kleinen Portion Cevapcici und ein paar Osječko pivo, ging es gleich ins Bett. Ist euch mal aufgefallen, dass in dem Logo vom Osječko zwei Engel ein Bierglas an trompeten? Mensch goju wenn sogar Engel Bier feiern kann es doch nicht sooo schlecht sein. Živio!

Der Wetterbericht versprach mir für morgen, dass ich aufstehe und der Nebel sei verschwunden. Na mal schauen, ob er ne ehrliche Haut ist, der Wetterbericht.

(Der Kulturbeauftragte)



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Author: kopane.de

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