SC Westfalia 04 e.V. Herne – TSG 1881 Sprockhövel e.V.
Herne, Westfalia-Stadion am Schloß Strünkede
6. Liga (Westfalenliga Staffel 2) – 100 Zs. – 0:2
Was mag goju? Richtig das Ruhrgebiet. Was mag goju nicht? Genau Kunstrasenplätze. Und beides hatte ich heute auf dem Zettel. Als ich in der Nr. 38 des Zeitspiel – Magazin für Fußball-Zeitgeschichte- einen Artikel gelesen hatte, dass im Sommer 2025 die große Haupttribüne des Stadions am Schloss Strünkede abgerissen werden soll, schaute ich, wann ich zu einem Spiel von Westfalia Herne fahren könnte. Das große Stadion hatte ich schon länger auf meiner Liste, aber wie es oft halt so ist, finalisiert wurde ein Besuch nie. Dann also jetzt. Optimal war das heutige Datum zwar nicht, aber soviel Spiele wären bis zu den Abrissarbeiten auch nicht mehr. Statikprobleme sind die Ursache. Der Abriss wurde auch schon mal verschoben. Westfalia hatte durch ein Gutachten noch versucht zu beweisen, dass man die Mängel beheben könnte und dadurch die Tribüne dem Stadion erhalten bleibt. Doch die Stadt blieb bei ihren Abrissplänen. Am Bahnhof Herne aus den mehr als überfüllten Zug geschält, lief ich die knapp 15 Minuten Richtung Stadion. Wie viele Hopper sind eigentlich schon diesen kurzen Weg vom Bahnhof über das Schloss Strünkede zum Stadion entlang gegangen? Auch heute waren einige Stadiontouristen anwesend. Normal. An der Kasse 10 € gelöhnt und festgestellt, cool es gibt regionales Bier. Ein Pils der Schlossbrauerei Rheder. Uncool der Schankmann wollte mich beim Wechselgeld um 2 € behumsen. Noch uncooler der Wind haute mir mein halb ausgetrunkenes Bier um. Wenn’s läuft, dann läuft’s. Es war aber auch stürmisch. Dass ich wieder in Deutschland weilte, merkte ich zügig, da das halbe Stadion abgesperrt war. Ja ok die Haupttribüne ist baufällig, aber dass die Kurven abgeschlossen sind ist quatsch. Die Argumente, dass man mehr Ordner bräuchte, greift nicht, denn es waren ansonsten auch keine da und dass mehr gereinigt werden müsste, bekommt man ja auf der Gegengerade mit vielen Mülltonnen und Pfandbechern auch in den Griff. Vor einer Woche in Besançon war alles offen. Ich hätte wahrscheinlich in der Gästekabine Fotos machen können. Man ist es gewohnt, nerven tut es aber trotzdem. Ich ließ meinen Blick durch das weite Rund schweifen, heute ist der Spruch auch angebracht und dachte nur für mich, Mensch was hier schon für Geschichte drin steckt. Eröffnet wurde das Stadion am 09.09.1934 und hatte ein Fassungsvermögen von 40.000 Plätzen. Schon damals wirkten die Mitglieder der Westfalia mit und bauten z.T. in ehrenamtlicher Arbeit die Stehtraversen. Auch im Jahr 1950 als das Stadion ausgebaut wurde, halfen die vereinsinternen „Pioniere„ im Ehrenamt mit. Spiele um die Deutsche Meisterschaft wurden 1960 hier ausgetragen. Die Westfalia qualifizierte sich für die Endrunde um die Deutsche Meisterschaft und im Stadion Schloss Strünkede fanden drei Austragungen dafür statt. Gegen Borussia Neunkirchen kamen 13.000 Zuschauer, gegen den späteren Meister Hamburger SV 35.000, damit war das Stadion auch ausverkauft und beim letzten Spiel, Herne war da schon aus dem Rennen, 15.000 gegen den Karlsruher SC. In die Bundesliga schaffe es der Club nie, zu groß die Vereine in der Nachbarschaft. Eine Mischung aus Misswirtschaft und sportlich schlechten Abschneiden sorgte für den langsamen Niedergang des Vereines und des Stadions. Da der VfL Bochum sein Ruhrstadion in den 1970er Jahren neu baute, zog der Nachbar dafür nach Herne um und das Stadion wurde nochmals renoviert. Die Nordkurve wurde von 26 auf 32 Stehstufen aufgestockt. Was wahrlich ein imposanter Anblick ist. Nach dieser Zeit begann dann aber der endgültige Niedergang. Im Jahr des 75-jährigen Bestehens stand die Westfalia vor dem Konkurs. Es war die Folge der Vereinspolitik, bei welcher man sich nur auf einen Mäzen verließ. Hier hieß er Erhard Goldbach, ein Mineralölhändler. Als sein Firmenimperium wegen Steuernachzahlungen zusammenbrach, musste auch der Verein seine Lizenz für die 2. Bundesliga Nord zurückgeben. Es folgte das stetige Abrutschen in der Ligenpyramide. Bis in die sechstklassige Landesliga ging es. Nachdem Gewinn des Westfalenpokals in der Saison 2005/06 spielte man im DFB-Pokal gegen den Schacht und es passierten nochmals 10.000 Zuschauer die Eingangstore des Stadions am Schloss Strünkede. Als Aufsteiger kickt die Westfalia nun in der sechsthöchsten Spielklasse im deutschen Ligensystem und konnte auch mit dem 9. Platz sicher die Klasse in der Westfalenliga halten. Einige der Informationen welche ich hier verarbeitete habe ich aus -Das grosse Buch der deutschen Fussball-Stadien- aus dem Verlag die Werkstatt. Ein richtiger Klopper das Teil und ich bin froh mir beide Auflagen damals ins Bücherregal gekauft zu haben. Nur 100 Zuschauer waren heute anwesend und wenn drumherum nicht viel los ist, schaut man automatisch mehr auf den grünen Rasen, hier halt die künstliche Variante. Der Kunstrasen wurde 2017 verlegt. So kann ich euch sagen die TSG Sprockhövel spielte wie ein Tabellenführer. Westfalia Herne wollte, aber konnte nicht und manchmal passt sich das unparteiische Team der Liga an. Der Schiri war schwach, irgendwie keine Linie und Eloquenz ist auch was anderes. Seine Assistenten hatten ebenfalls nicht ihren besten Tag, unsicher und arrogant. Sprockhövel konnte so seine Tabellenführung ausbauen und Westfalia bleibt in der Tristesse des Mittelfeldes hängen, was man als Aufsteiger nicht zwingend negativ bewerten muss. Man kann nur hoffen, dass die Tribüne erhalten werden kann und noch einige Hopper den kurzen Weg vom Bahnhof über das Schloss Strünkede entlang gehen dürfen, um das Stadion mit dieser Tribüne besuchen zu können. Doch, da ich meinen Bericht nun erst nach einigen Monaten fertig tippe, kann ich noch die Info geben, dass in der Sommerpause definitiv der Rückbau der Tribüne beginnt. Eine Aussage, ob vielleicht doch etwas von der Bausubstanz erhalten werden kann oder ob evtl. eine neue überdachte Tribüne gebaut wird, will die Stadt Herne noch nicht treffen. Die Idee, mobile Tribünencontainer, wie immer die auch wieder ausgesehen hätten, auf der Gegengerade aufzustellen, wurde seitens Westfalia Herne laut Stadt abgelehnt.
(Der Kulturbeauftragte)
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Regionales Bier..?!
Da kam der geneigte Leser aus einer Herner Nachbarstadt ins Grübeln.
Von der „Schlossbrauerei Rheder“ hatte ich (in 30 Jahren Biertrinker-Leben) noch ich nie was gehört.
Kurze Internetrecherche sagt: wird in der Nähe von Paderborn gebraut.
Ca. 150 km von Herne entfernt.
Sicher regionaler als ein Carlsberg bei der Hertha oder ein Köpi beim HSV, aber auch nicht so richtig regional.
Hat sich der Autor wohlmöglich vom Begriff „Schloss“ in die Irre führen lassen?
Ist das von Westfalia Herne so gewollt?
Ist hier ein weiterer Skandal in der Geschichte des Vereins aufgedeckt worden?
Hi Jan. Guter Hinweis, besten Dank dafür 👍